Wildnis- & Survival-Kompetenzen

Was macht in Extremsituationen den Unterschied zwischen Überleben und Sterben aus? Diese Frage beschäftigt mich seit langem. Nicht nur weil sie danach fragt, was das Leben eigentlich ist, sondern auch weil sie in die Freiheit führt. Das Rausgehen „ins Freie“ ist gleichzeitig auch eine Suchbewegung hin zur inneren Freiheit.

Die Entfremdung von der Natur nimmt immer weiter zu, die Welt wird unsicherer, alte Werte und Technik verlieren an Bedeutung und es beginnt gerade ein neues Zeitalter mit unvorhersehbaren Risiken und Krisen.

Digitalisierung, allgegenwärtigems Effizienzdenken und steigende Zahlen an Zivilisationskrankheiten lässt den Ruf nach einem Zurück zur Natur immer lauter werden. Doch im Monetozän – dem Erdzeitalter, in dem die ganze Welt durch die Wirkung von Geld beeinflusst wurde – gibt es kein Zurück. Es ist an der Zeit, dass wir uns einerseits unserer Wurzeln besinnen und andererseits nach vorne blicken. Es gilt unsere naturverbundene Seite angemessen zu integrieren, um daraus Kraft und innere Stärke zu schöpfen. Die scheinbar immer schneller werdende Welt mit ihrer zunehmenden Überforderung stellt uns auf die Probe, bringt uns an die Grenzen und führt zu Krisen. Wie in einer Überlebenssituation in der Wildnis wird es immer wichtiger, unter hohen Anforderungen sichere Entscheidungen zu treffen und Ressourcen sinnvoll zu nutzen.

Gleichzeitig suchen zahlreiche Menschen wieder nach Naturerfahrungen, reisen in entlegene Gebiete rund um die Welt und suchen den Kitzel des Extremsports in der Wildnis. Kompetenzen zum Leben und Überleben in der Natur wurden über tausende von Jahren selbstverständlich in Familien und Clans weitergegeben. Doch heute sind wir oftmals abgeschnitten von diesem alten Menschheitswissen.

Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass viele Menschen ohne adäquate Vorbereitung in die Wildnis aufbrechen und kaum Erste Hilfe- und Notfallkompetenzen mitbringen. Dies führt zu falscher Risikoeinschätzung und Unfällen bis hin zum Tod. Gleichzeitig werden Rettungskräfte gefährdet, die zu vermeidbaren Einsätzen ausrücken müssen. Wer sich in die Wildnis und in Grenzsituationen begibt, hat die Chance daran zu wachsen.  Dies setzt jedoch die Bereitschaft voraus, Verantwortung zu übernehmen. Der Magic Bus 142, in dem Chris McCandless nach seinem Weg into the wild vermutlich verhungerte, musste 2020 durch das Militär entfernt werden, da sich zahlreiche Pilger jedes Jahr in Lebensgefahr gebracht haben und aufwendig gerettet werden mussten. Selbst zu Todesfällen ist es gekommen. Wer etwas Außergewöhnliches erleben will, sollte sich auch außergewöhnlich vorbereiten.

Meine Herangehensweise, Survival zu erlernen ist kompetenzbasierend und somit am Ergebnis orientiert. Dorthin geht jeder seinen persönlichen Weg. Und es gibt nur diesen Weg. Statt ein festes Lernprogramm zu durchlaufen, stehen die erworbenen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten im Vordergrund. Die Handlungskompetenzen bilden das ab, was jeder Einzelne können sollte, die kognitiven Kompetenzen beinhalten das nötige Wissen.

Wer bisher keinen Zugang zu Survival hatte und plötzlich in eine Krise gerät, und diese können vielfältig sein wie z.B. Verlaufen im Wald, eine Pandemie oder plötzliche Arbeits- und Wohnungslosigkeit, der wird sich klar darüber, was er nicht kann. Die unbewusste Inkompetenz wird zur bewussten Inkompetenz. An dieser Stelle entsteht eine große Chance. Kopf in den Sand stecken oder Neues lernen? Wer den Mut gefasst hat, den bequemen Status quo zu überwinden und sich weiter zu entwickeln, wird nach und nach mit Neugierde bewusste Kompetenz erlangen. Wird dies redundant durchdrungen, entsteht unbewusste Kompetenz. Dabei beinhaltet Survival nicht nur ein wissenschaftliches Verständnis wie z.B. der Taxonomie der belebten Welt oder der physiologischen Vorgänge des menschlichen Körpers, sondern ist gleichsam eine Kunst, die Überlebenskunst. Um darin Meisterschaft zu erlangen, muss die Technik überschritten und zu einer kunstlosen Kunst werden. Die Survival-Kompetenzen erwachsen zunehmend dem Unbewussten.

Der Feuerwehrmann, der spürt, dass etwas komisch ist, ohne es benennen zu können, und seine Kameraden aus dem Zimmer schafft, kurz bevor die Decke einstürzt. Der Jarawa-Jäger, der über Tage nur mit einem Wildschweinzahn einen Stamm Chooi-Wood bearbeitet, um einen perfekten Bogen zu erhalten. Der Pilot, der sein Flugzeug nach einem Vogelschlag sicher auf dem Hudson River landet.

Je fortgeschrittener wir im Survival-Training werden, desto mehr verschiebt sich die Baseline der Gefährdung. Was uns zuvor extrem gefährlich erschien, wird auf einmal händelbar. Die Grenzen des Möglichen erweitern sich und wir gewinnen an Freiheit.

Im zivilisierten Zusammenleben übernehmen wir oft spezialisierte Rollen und fungieren als Zahnrad in einem großen Getriebe. Diese Differenzierung hat viele Vorteile, insbesondere fördert sie technische Weiterentwicklung. Doch es bringt auch große Abhängigkeiten mit sich, wenn andere für uns Essen anbauen, uns heilen, Kleidung nähen oder die Reifen wechseln. Für unsere Lebenskompetenzen gilt „use it or loose it“. Wir können eine persönliche Praxis entwickeln, die uns wieder mehr zu Generalisten macht und damit flexibler und krisensicherer. Dabei  werden nicht nur die freudigen Seiten des Lebens zelebriert, sondern es erfolgt auch eine Vorbereitung auf extreme Herausforderungen. So dass man jederzeit für sich selbst und seinen Liebsten einstehen kann. Das Leben besteht aus einem Wechsel von Anspannung und Entspannung. Die Integration von Survival in die persönliche Lebenspraxis bringt es genau dorthin, wo es hingehört, auf den Marktplatz des Lebens. Denn Notfälle können jederzeit und überall entstehen.

Survival wird zu einem Lebensweg, jenseits von Angst vor Katastrophen, der uns zum Wesentlichen im Leben zurückführt. Wir gewinnen mehr Freiheit, lösen uns vor institutionellen Abhängigkeiten, die uns scheinbare Sicherheit vermitteln, wachsen an Herausforderungen über uns hinaus und gewinnen einen gelasseneren Umgang mit den Stürmen des Lebens.

Zu was möchtest du fähig sein in diesem Leben?


Hier geht´s zu den Kursen.

Trage dich in den Newsletter ein, um wertvolle Informationen zu erhalten:

>